ZUR LEISTUNGSKONTROLLE IN MEINEM UNTERRICHT
Jean-Pol Martin


Wenn ich die Methode LdL auf Tagungen oder Fortbildungsveranstaltungen vorstelle, fragen die Kollegen stets nach der Art und Weise, wie ich die Schülerleistungen bewerte und wie ich zu der in der Schulordnung vorgesehenen Notengebung komme. Da dieser Punkt sehr bedeutsam ist und über den Erfolg oder Mißerfolg eines ganzen Unterrichtskonzeptes entscheiden kann, möchte ich nun ausführlich auf diesen Punkt eingehen.

Bei meiner Beschreibung beziehe ich mich im wesentlichen auf meinen gegenwärtigen Unterricht in einer 10.Klasse mit Französisch als 3.Fremdsprache (5 Wochenstunden) und 18 Schülern.

1. Zur Funktion der Leistungskontrollen

Beim Einsatz von LdL ist der Hauptanteil der Schüleraktivitäten auf die Darstellung und Einübung des Stoffes gerichtet. Die Qualität des Unterrichts hängt im wesentlichen von der Güte der jeweiligen Schülerbeiträge ab. Je spontaner, kreativer, risikoreicher die Schüler vorgehen, desto spannender ihre Darbietungen. Nur: Risiken gehen die Schüler erst dann ein, wenn auf ihre Beiträge keine Zensur vergeben wird. Deshalb halte ich bis auf wenige, klar definierte Notengebungsinseln, den gesamten Unterricht FREI VON NOTEN. Dadurch herrscht eine entspannte und lustbetonte Atmosphäre im Klassenzimmer, es sammeln sich wenig Aggressionen auf der Schülerseite und es tauchen kaum Disziplinprobleme auf.

Allerdings würde das angenehme Unterrichtsklima allein nicht genügen, um auf Dauer den lernbezogenen Einsatz der Schüler zu sichern. Sehr wichtig ist es, daß Schüler und Lehrer kontinuierlich testen können, ob die Unterrichtsaktivitäten - über die zahlreichen Präsentationen und mündlichen Beiträge hinaus - zu greifbaren, auch schriftlich abprüfbaren Lernerfolgen führen. So gesehen spielt die Leistungskontrolle (NICHT DIE NOTENGEBUNG) eine zentrale Rolle in meinem Unterricht.

2. Die Evaluationsverfahren

2.1 Die unbenoteten Tests

Am Anfang fast jeder Stunde halte ich einen kurzen Test (meist eine halbe DIN A4 Seite, manchmal auch eine ganze) mit Fragen zum Wortschatz oder zur Grammatik (siehe Anlage 1). Diese Tests werden eingesammelt und von mir zu Hause korrigiert, aber NICHT BENOTET. Ich schreibe nur eine Bewertung (Très bien! - Horrible! - Pas mal) am Ende des Blattes. Der Test dauert fünf bis zehn Minuten. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß alle Schüler zum Stoff abgefragt werden, und der individuelle Lernfortschritt festgestellt werden kann, ohne daß bereits am Anfang Zeit für die Befragung einzelner Schüler beansprucht wird. Die Schüler selbst halten diese Regelung für sehr günstig, weil sie zum Arbeiten motiviert werden, ohne daß die bei Benotung übliche Angst auftritt.

Darüber hinaus gebe ich fast nach jeder Stunde eine schriftliche Hausaufgabe auf. Ich bemühe mich, wenn die Klasse nicht mehr als 20 Schüler hat, alle Hausaufgaben einzusammeln und zu korrigieren, aber auch hier OHNE NOTE.

Ich praktiziere dieses Verfahren von der ersten Unterrichtsstunde in der 7.Klasse an bis zur Oberstufe (ich vermute natürlich, daß Kollegen, die ein volles Lehrdeputat haben, meine Technik aus Zeitmangel in dieser Form nicht anwenden können, aber vielleicht können sie diese an ihre Situation anpassen).

2.2 Die benoteten Leistungskontrollen

Was die bayerische Schulordnung vorschreibt:
Pro Halbjahr werden im Fach Französisch in Bayern zwei Schulaufgaben geschrieben. Aus ihnen ergibt sich die schriftliche Note. Zur Bildung der "mündlichen" Note werden mündliche Unterrichtsbeiträge herangezogen, aber auch sogenannte Extemporalien, d.h. unangekündigte schriftliche Kurzarbeiten (20 Minuten). Die Zahl der Extemporalien wird von der Schulordnung nicht näher spezifiziert, aber es wird verlangt, daß zur Bildung der "mündlichen" Note mindestens eine mündliche Leistung erhoben wird. Die mündliche Note darf sich also nicht ausschließlich auf Extemporalien stützen.

Was ich mache:
Zur Bildung der schriftlichen Note läßt mir die Schulordnung keine Wahl. Ich schreibe also meine zwei Schulaufgaben pro Halbjahr (siehe Beispiel Anlage 2).

Zur Bildung der "mündlichen" Note, da ich bemüht bin, den Unterricht soweit möglich frei von Notendruck zu halten und Zensurengebung in einen klar begrenzten Raum zu verdrängen, schreibe ich drei Extemporalien im Halbjahr. Um der Schulordnung gerecht zu werden, bewerte ich auch einmal einen mündlichen Beitrag, so daß ich zur Bildung der "mündlichen" Note über drei Extemporalien und eine echte mündliche Leistung verfüge.

Auf diese Weise wissen die Schüler genau, wann und wofür sie Noten bekommen: 2 bei den Schulaufgaben, 3 bei den Extemporalien und 1 echte mündliche Note. Bei einem Unterricht mit 5 Wochenstunden bedeutet es, daß die Schüler zu 95% völlig frei von Notendruck arbeiten.

IM LEISTUNGSKURS

Um die Arbeit im Leistungskurs ebenfalls frei von Notengebung zu halten, verfahre ich nicht anders als in den vorangehenden Jahrgangsstufen. Ich schreibe also in fast jeder Stunde einen kleinen Test (zum Wortschatz oder zur Grammatik). Vor allem aber lasse ich jede Woche zu Hause die Hälfte einer Abituraufgabe bearbeiten. Ich sammle diese Übungen ein und benote sie. Bei der Rückgabe wird ein Arbeitsblatt ausgeteilt mit den eventuell zu besprechenden Fehlern und den wesentlichsten Aspekten der Aufgabe. Die Besprechung dauert nie länger als 30 Minuten. Auf diese Weise erreiche ich eine systematische Vorbereitung auf die Abiturprüfung ohne daß der Unterricht davon in Beschlag genommen wird. Darüber hinaus bekomme ich eine gute Grundlage, um eine mündliche Note auf der Basis aller Hausaufgabenzensuren (etwa 20 pro Halbjahr) zu bilden. Die Schüler sind mit diesem Vorgehen zufrieden.

3. Zusammenfassende Bemerkungen

Diese Form der Evaluation und der Leistungskontrolle trägt zu einem erheblichen Teil zum Erfolg dieses Unterrichts bei. Es werden wesentlich mehr Leistungen erhoben als in einem klassischen Unterricht, so daß die Schüler ständig über ihren Lernfortschritt informiert werden. Diese Leistungserhebungen werden als lustvoll erlebt - wie jede andere Herausforderung auch, wenn sie nicht an Sanktionen gekoppelt wird.

Darüber hinaus heben die Schüler die Bedeutung der Leistungskontrolle für den Einsatz der Methode LdL hervor: aus ihrer Sicht würde ein Unterricht nach LdL ohne kontinuierliche Evaluation Gefahr laufen, ins Unverbindliche abzusinken.


 ANLAGE I

Nom:................

33ème TEST DE FRANÇAIS
(1.03.1993)

Vocabulaire

erhöhen..........................       jetzt..........................             besitzen.........................        vorhersehbar..................    Einfluß........................
Macht...........................        genug/ziemlich....................    kämpfen......................          Stand........................         Königreich........................
Staat/Stand.......................     Privilegierter...............           mittel........................             Gleichheit.....................       Priester.......................
leer............................            Aufruhr........................          jdn kommen lassen............... Versammlung.....................Vertreter......................
allgemein......................         verdoppeln......................       Abschaffung.......................    schaffen.....................        wählen........................
ausrufen.......................          jdn zwingen etw zu tun.......... Klerus........................           Adel.............................     
von Gottes Gnaden..............................................

  


ANLAGE II

10a

Nom:.................

2. Schulaufgabe aus dem Französischen
(26.01.1993)

I. Grammaire
1. Employez une forme de "tout":

Nous allons ............ faire pour réussir le voyage. Nous allons visiter .............. villes de Normandie et ........... musées (masc.) intéressants. Et ce n'est pas ............! Nous irons ............ une journée sur la plage, s'il fait beau.

2. Complétez par "si", "aussi" et par ce qui manque encore:

Le Mont St.Michel est presque ............ connu ...... le château de Versailles. Il est .............. célèbre, ..... il faut réserver longtemps à l'avance si on veut le visiter. Mais j'aimerais vraiment le voir, il est .......... beau!

3. "Si" ou "quand"?

...... nous irons en France, nous mangerons des baguettes.
...... nous passons par Paris, nous regarderons la Tour Eiffel.
...... nous allons à Deauville, nous nous baignerons (= baden).

4. Quel temps est correct?

Si j'avais fini mes devoirs plus tôt hier, ..................... (aller danser) hier soir. Aujourd'hui, quand nous .............. ............ (terminer) notre travail, nous regarderons un film. Demain nous ...................... (essayer) de travailler plus vite, comme cela nous ............. (être) libres à 5 heures.

5. Remplacez "il faut" par "avoir besoin":

Il me faut les livres qui sont sur la table.
..............................................................

Il nous fallait des amis.
..............................................................

Il te faut du pain, du vin et des oeufs et le fromage.
..............................................................

Il me faut l'adresse de l'auberge de jeunesse.
..............................................................

Que te faut-il?
..............................................................

 

II. Traduction

1. Wir haben einen jungen Seemann gefragt, ob er gerne in Paris leben würde. Er hat geantwortet, daß die Stadt ihn enttäuschen würde und langweilen würde, und daß er schnell merken würde, daß er ohne das Meer nicht leben kann.

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2. Wenn die Familien, die sich um die Deutschen kümmern sollten, früher gekommen wären und sie nach Hause gebracht hätten, wären die Brieffreunde nicht so müde gewesen.

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3. Die Einwohner warfen dem Bürgermeister vor: "Wenn man Maßnahmen getroffen hätte, um den Jugendlichen, die unter der Arbeitslosigkeit leiden, Arbeit zu sichern, dann hätten sie nicht weggehen müssen!"

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4. Wenn Herr Gilbert früher nachgedacht hätte und sich für Öko-logie, sauren Regen und verschmutzte Gebirgsbächer interessiert hätte, hätte er sich auf die neue Lage vorbereitet und würde sich heute, wo er nicht mehr arbeitet, damit befassen können.

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III. Production dirigée

  1. Explique à quelqu'un pourquoi il peut être intéressant de faire un voyage en Normandie et parle de façon précise oubien d'Arromanches, ou du Mont St.Michel, ou de Deauville ou de Bayeux.
  2. Fais un dialogue où deux personnes racontent une catastrophe en montagne et parlent des problèmes entre nature et tourisme en montagne.

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........................................................ TSVP