Dagmar Abendroth-Timmer
Dipl.-Sprachenlehrerin

58511 Lüdenscheid, den 12.1.1997
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Lernen durch Lehren im DaF-Unterricht mit Erwachsenen.
Bericht über eine Fortbildung an der VHS-Steglitz am 9. Januar 1997

Die Fortbildung zu LdL im DaF-Unterricht am 9. Januar im Rahmen des Europakongresses an der VHS-Steglitz war hoch interessant und hat neue Akzente gesetzt. Diese sollen im folgenden kurz dargestellt werden.

Als zentrale Punkte entwickelten sich im Laufe meines Vortrags und der dabei entstandenen Diskussion die folgenden:

  1. LdL ist ein ganzheitliches Unterrichtsprinzip,
  2. LdL dient der Förderung der Lerner/innenautonomie.

Ganzheitlichkeit und Lernerautonomie sind eng miteinander verknüpfte Ziele, die durch LdL unterstützt werden.

Im Sinne einer Ganzheitlichkeit sind die Lernenden in ihrer ganzen Persönlichkeit zu betrachten:

  • erwachsene Lernende haben eine sozial und beruflich gefestigte Rolle,
  • sie sind Experten in ihrem Beruf,
  • sie bestimmen in ihrem Leben ihr Handeln und die Ziele ihres Handelns selbst,
  • sie tragen in ihrem Leben für ihr Handeln Verantwortung.

Für den Unterricht bedeutet dies, daß:

  • sich die Lernenden im Unterricht als erwachsene Persönlichkeiten verstanden fühlen müssen,
  • ihnen das Unterrichtsgeschehen transparent sein muß.

Die Einführung von LdL im FSU ermöglicht den Lernenden die Steuerung des Geschehens auf Grund der hohen Transparenz und das Einbringen ihres Weltwissens und all ihrer Fähigkeiten. Damit Lehrende diese Prozesse einleiten können, bedarf es einer Bewußtwerdung ihres Selbstbildes, d.h. ihres Verhältnisses zu ihrer Rolle. Lehrende sollten

  • sich als didaktisch und fachlich kompetente Helfer und Organisatoren verstehen,
  • ihr Wissen zur Erreichung der Ziele der Lernenden (und nicht ihrer Ziele) zur Verfügung stellen,
  • einen offenen und ehrlichen Umgang mit den Lernenden suchen, indem sie sich selbst in ihrer ganzen Persönlichkeit einbringen.

Dieses veränderte Lehrerbild und das aus dem Prinzip der Ganzheitlichkeit resultierende Lernerbild ist den Lernenden zu verdeutlichen. Eine angemessene Rhetorik, Körpersprache und Raumatmosphäre - insbesondere in der entscheidenden Situation der Kurseröffnung und der erklärenden Einführung von LdL - ist dabei wichtig. Erwachsene Lernende akzeptieren LdL, wenn

  • sie immer die Möglichkeit behalten, zu traditionelleren Unterrichtsformen zurückzukehren,
  • sie durchschauen, daß LdL wissenschaftlich fundiert ist,
  • sie die didaktischen Ziele verstehen,
  • sie sich in der Lerngruppe und -umgebung aufgenommen und wohl fühlen.

In dem Maße, in dem die Lernenden ihre neue Funktion der Zielbestimmung und Verantwortung für den eigenen Lernprozeß nach und nach akzeptieren, erhöhen sie ihre Aktivität im Unterricht und entwickeln zunehmend Autonomie und Verantwortungsgefühl.

Insbesondere in der Erwachsenenbildung ist die Befähigung zur Autonomie auf dem Hintergrund der Notwendigkeit lebenslangen und kursunabhängigen bzw. -begleitenden Weiterlernens (gerade bei DaF) anzustreben. Die bei LdL entstehende positive und integrative Lernatmosphäre ist lern- und motivationspsychologisch wichtig für DaF-Lernende, die sich überwiegend in einem zielsprachlichen Umfeld bewegen und dabei nicht immer positive Spracherwerbssituationen und Fremdbegegnungsituationen erleben. In Extensivkursen anderer Fremdsprachen ist das Gefühl der Verantwortlichkeit für den Kurs ein Faktor, der dem oft beklagten Abbröckeln der Teilnehmerzahl entgegenwirken kann. Autonomes Lernen ist zudem in Extensivkursen ein nicht unerheblicher zeitökonomischer Faktor.