Klasse 7 c/d (94/95)                          Käte Planer (Kaufbeuren)

Schüler als Lehrer?

Bei jeder Fremdsprache, die man am Gymnasium wählen kann, leitet ein Text jede neue Lektion in den Lehrbüchern ein. Diese Texte handeln meist von dem Land, in dem die gelernte Sprache gesprochen wird, seiner Kultur, Geschichte und/oder berühmten Städten dort. Manchmal ist es auch eine kurze Geschichte. Die meisten Lehrer erklären zuerst die Vokabeln, lesen oder spielen den Text auf Kassette vor und lassen ihn dann ein oder mehrere Male von den Schülern lesen. Die meisten Schüler können sich den Inhalt des Textes schlecht merken, da sie ihn für unwichtig halten. Obwohl der Lehrer den Text zum Lernen aufgibt, bekommen die Schüler deshalb beim Ausfragen meist schlechte Noten. Anders läuft es bei uns in der Klasse 7 c/d ab, die in Englisch von StRin Planer unterrichtet wird. Denn dort "spielen die Schüler Lehrer". Drei Schüler werden ausgewählt, die einen festgelegten Text für eine Art Kurzreferat bearbeiten. Ein Schüler erklärt dabei die neuen Vokabeln, einer den Inhalt des Textes anhand einer Zeichnung, der dritte stellt Fragen zum Text. Das Ganze geschieht mit Hilfe von Folien für den Tageslichtprojektor. Die Schüler können sich so den Inhalt des Textes besser merken.

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In der nächsten Stunde fragt Frau Planer über den Text aus und unsere Mitarbeit ist um einiges größer als in den meisten anderen Klassen. Diese Unterrichtsmethode regt außerdem die Kreativität der Schüler an. Manchmal können Schüler schon leichtere Grammatik erklären, dazu muß man jedoch schon seit mehreren Jahren die Sprache lernen. Mittlerweile melden sich so viele Leute freiwillig, einen Text vorzustellen, daß die Auswahl schon schwer fällt. Die Stegreifaufgaben über die Texte fallen in der Regel gut aus, seitdem die Schüler die Texte vorstellen.

Sabine Zeller (7d)

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Einige Stimmen aus der Klasse zur Unterrichtsmethode:

"Ich finde das System eigentlich garnicht schlecht, da lernt man erstens, mit dem Tageslichtprojektor umzugehen, zweitens hat man dann schon Erfahrung für Referate und drittens kann man mal sehen, wie schwer es ein Lehrer haben kann."

"Mir gefällt die Methode sehr gut, weil die Schüler den Unterricht mit viel Witz (viel lockerer) gestalten. Dadurch kann man sich viel besser den Text einprägen. Die Schüler haben meist auch bessere Gedanken als die Lehrer."

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"Der Unterricht wird viel interessanter, man kann einen Blick hinter die "Kulissen" der Lehrer werfen. Man lernt, mit der Sprache gewandter und freier umzugehen."

"Der Unterricht wird spannender, weil wir ihn selbst gestalten können, wie wir wollen: lustig, packend oder sachlich."

"Schüchterne Kinder trauen sich eher, sich im Unterricht zu melden und mitzureden. Es macht dabei noch mehr Spaß und ist leichter aufzunehmen und es ist nie langweilig. Dazu werden Phantasie und Geist geweckt.

"Bei dieser Art des Lernens finde ich es gut, daß man ohne Hilfe des Lehrers arbeitet, und es ist für einen selbst und die ganze Klasse interessanter und lustiger wegen der Zeichnungen. Außerdem braucht man, wenn man einen Text vostellt, diesen fast überhaupt nicht mehr zu lernen."

 

Ein bißchen didaktischer Hintergrund*

Diese Methode "Lernen durch Lehren" (LdL) wurde ursprünglich im kleinen Kreis um Jean Pol Martin an der Universität Eichstätt als neues Konzept schülerzentrierten Unterrichts für das Fach Französisch entwickelt und hat mittlerweile fast alle Fächer erfaßt. Was will LdL? Martin geht davon aus, daß Schüler besonders gut motiviert werden, wenn sie regelmäßig neben ihren Lern- auch Lehraufgaben übernehmen. Das macht Spaß und fördert Selbständigkeit sowie Selbstbewußtsein. Mit Hilfe des Lehrers bereiten Schüler im kleinen Team die Präsentation eines Stoffgebietes selbst vor. Auch Übungsphasen werden von Schülern selbst geleitet. Die Schüler korrigieren sich gegenseitig im Unterrichtsgespräch oder werden vom Lehrer verbessert. Der Unterricht ist deutlich kommunikativ orientiert, was nicht nur in den Fremdsprachen das Engagement der Schüler und den Lern- und Trainingseffekt hebt.

* nach J. Haimerl, "Lernen durch Lehren findet Anklang" in bpv 12-94, S. 28