Aus: Karriereführer, 21. Ausgabe II/97, S. 108-111


Qualifikationen fürs Berufsleben
Wie trainiert man Soft Skills?

Ansgar Kinkel

Die Anforderungen der Märkte und damit auch der Arbeitgeber haben sich im Laufe der letzten Jahre deutlich verändert. War es früher sehr stark die fachliche Qualifikation, die über den Erfolg einer Bewerbung entschied, legen die Personalchefs heutzutage bei der Einstellung von Berufsanfängern zunehmend Wert auf die individuelle Persönlichkeit der Kandidaten.

Mit dem Begriff "Persönlichkeit" sind alle jene Eigenschaften und Kompetenzen gemeint, die über die fachliche Qualifikation - die nach wie vor vorausgesetzt wird -hinausgehen. Im angelsächsischen Raum werden sie als Soft Skills bezeichnet. Welche "Tugenden" stecken nun aber hinter diesem terminus technicus? Der Plural der englischen Soft Skills, ins Deutsche als "Soziale Kompetenz" übersetzt, hat seine Berechtigung. Denn Soft Skills bezeichnen einen ganzen Katalog von Fähigkeiten, die je nach Anforderungsprofil des konkreten Berufsbildes unterschiedlich stark ins Gewicht fallen.

Das Spektrum dessen, was Soft Skills umfassen, reicht beispielsweise von Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen, sowie Vertrauenswürdigkeit und Kritikfähigkeit bis hin zum Durchsetzungsvermögen und der Fähigkeit, andere Menschen einzubinden und für ein gemeinsames Ziel zu begeistern.

Was sich in der Theorie jedoch so selbstverständlich anhört, ist für viele Berufsanfänger oftmals der eigentliche und härteste Prüfstein für den Erfolg ihrer Karriere. Grund genug also, sich mit den konkreten Anforderungen im Bereich Soft Skills frühzeitig, d.h. auch schon während des Studiums, zu beschäftigen. Denn niemand braucht der geborene Charismatiker zu sein – es gibt vielmehr zahlreiche, und bei konsequenter Praxis, effektive Möglichkeiten, seine Soft Skills systematisch auszubauen und zu trainieren. Einiger Ansätze hierfür sollen im folgenden aufgezeigt werden.

Der Fokus wird dabei auf zwei interpersonale Fertigkeiten gelegt, die erfahrungsgemäß in nahezu jeder beruflichen Position gefordert werden:

  1. Kommunikationsfähigkeit (z.B. Präsentationstechniken)
  2. Teamfähigkeit (z.B. Moderationsfähigkeit, Einfühlungsvermögen)

Die Kommunikative Kompetenz umfaßt

  • die Fähigkeit, komplexe Inhalte anschaulich zu präsentieren und sie hierdurch den Gesprächsteilnehmern zu verdeutlichen,
  • den eigenen Standpunkt überzeugend zu vertreten und durchzusetzen, aber auch Kunden gewinnen zu können.

Teamfähigkeit hingegen kennzeichnet zum einen

  • die Bereitschaft, sich schnell und ohne Reibungspunke in eine Gruppe integrieren zu können, um innerhalb und mit dieser Gruppe erfolgreich gemeinsam zu arbeiten
  • und auf der anderen Seite, Leitungsaufgaben in einer Gruppe übernehmen zu können.

Warum sind Soft Skills wichtig?

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Diese genannten neuen Unternehmenstrukturen und Arbeitsprinzipien machen es gleichermaßen notwendig, daß Mitarbeiter in sehr viel stärkerem Maße als früher mit- und untereinander kommunizieren. Sie müssen in der Lage sein, in der Gruppe Probleme zu analysieren, zu diskutieren und zu lösen. In solchen Situationen zeigt sich die kommunikative Kompetenz des einzelnen unmittelbar und eindeutig. Nicht umsonst werden im Assessment Center Fallstudien häufig bewußt einer Gruppe und nicht nur den einzelnen Teilnehmern vorgelegt.

Training von Soft Skills 1

a) Kommunikationsfähigkeit

Die Kommunikationsfähigkeit, die maßgeblich auf der sicheren Handhabung von Präsentationstechniken und rhetorischen Figuren beruht, läßt sich relativ gut durch ständige Praxis verbessern.

Trainiert werden kann zum Beispiel:

  • Eine spontane Kurzpräsentattonen zu einem Thema, das ein andererTeilnehmer vorgibt. Spontan heißt, maximal 2 bis 5 Minuten Vorbereitungszeit. Hiermit läßt sich die Situation üben, daß in einer Besprechung plötzlich dazu aufgefordert wird, etwas zu präsentieren.
  • Einen Vortrag zu einem zuvor festgelegten Thema zu halten. Hier kommt es dann auch auf die Gliederung und den Einsatz von Hilfsmitteln wie Overhead oder Flipchart an.
  • Einen Vortrag in einer den anderen geläufigen Fremdsprache wie Englisch oder Französisch zu halten.

(...)

Bei derartigen Übungen zeigt sich recht deutlich, ob der Redner oder die Rednerin während des Vortrags ein klares Konzept vor Augen hatte, ob er imstande war, die Hörer , zu seinem Thema hinzuführen, ob er klar artikuliert und akustisch für alle gleichermaßen hörbar gesprochen hat, ob es ausreichend Blickkontakt zwischen Redner und den Hörern gab und in welchem Umfang er fähig war, seinen Ausführungen durch Gestik und Mimik mehr Nachdruck und Klarheit zu verleihen.

b) Teamfähigkeit

Moderationstechniken

Während es bei Präsentationstechniken darum geht einen Standpunkt überzeugend zu vertreten, steht im Vordergrund der Moderation die "Steuerung" und Beeinflussung einer Gruppe. Um die beschriebenen neuen Unternehmensstrukturen zu unterstützen, bedarf es einer Gesprächstechnik welche die gemeinschaftliche Problemlösung unterstützt und beschleunigt. Mit Moderatonsfähigkeit ist deshalb das Vermögen gemeint, eine Gesprächsrunde so zu steuern, daß alle Teilnehmer integriert werden und sich gefordert fühlen, und somit am Ende neben einer gemeinsamen Problembehandlung auch ein gemeinsamer Konsens gefunden wird.

(...)

Training, Training, Training: Letztendlich führt am konsequenten Üben kein Weg vorbei. Im Beruf hat die tägliche Arbeit einen Trainingseffekt, aber um sich zu verbessern, ist auch hier ein Training parallel und erst recht während des Studiums sehr sinnvoll.

Fazit

Zwei Hinweise sollten sehr ernst genommen werden: Es ist wichtig, nicht nur Techniken wie rhetorische Mittel zu üben, sondern diese auch in verschiedenen Situationen auszuprobieren, und es wäre vollkommen falsch, alles auf einmal üben zu wollen. Entscheidend ist, die einzelnen Themen nacheinander anzugehen und in regelmäßigen Abständen zu wiederholen.

Ansgar Kinkel studierte Betriebswirtschaft an der Universität zu Köln und beschäftigt sich als Projektleiter der Kienbaum Personalberatung mit der internationalen Suche und Auswahl von Hochschulabsolventen.