Reflexionen über meinen Unterricht in der 12.Klasse

Eintrag 23


Jean-Pol Martin
03.08.99

Bilanz des Schuljahres 98/99 (LK-12)

Am Ende dieses Schuljahres wurden die Schüler gebeten, eine Bilanz über ihre Aktivitäten im LK-Französisch zu ziehen. Hier der Text von Arthur Müller.

Arthur Müller

Vokabeln? Grammatik? Geschichte? Literatur? Rhetorik? Didaktik? Schlüsselqualifikationen? Was habe ich heuer eigentlich gelernt? Alles!

Unter diesem Motto könnte man schon fast ein Buch verfassen, so schier endlos ist das Feld, das heuer im Französisch-LK abgedeckt worden ist. Um es ein bisschen überspitzt auszudrücken könnte ich zusammenfassen: "Ich war heuer auf der LdL-Fakultät mit Nebenfach Mathematik und Biologie." Dabei hatten wir alle den Eindruck, als ob vom Unterricht gar nichts hängen bleiben würde. Schließlich diskutieren wir im Plenum ja "nur" in Französisch, erarbeiten die Grammatik und runden die Geschichts- und Literatureinheiten mit französischen Kurzpräsentationen und Plakaten ab.

Die Sprache: nebenbei, eben "nur" als Werkzeug. Doch wollen wir einmal ein bisschen Licht in den Lerndschungel werfen. Was haben wir nun im Einzelnen gelernt?

1. Vokabeln

Neben den Abituraufgaben gehörten unsere "troi pages de vocabulaire" (drei Seiten Vokabeln) zu dem Standardrepertoire jeder Woche. Nach getaner Arbeit (nach der Zeitvorstellung von M. Martin in 25 Minuten erledigt) durften wir uns jeden Freitag Morgen auf einen kleinen Vokabeltest freuen. Anfangs fanden wir das sicherlich lästig, doch je länger man das schon macht, desto weniger fällt einem das auf. Immerhin weiß ich jetzt, dass Helden keine Nullen sind und was "Liebkosungen" auf Französisch heißt.

2. Grammatik

Auch wenn es nicht immer leichtt war, so hat die Erarbeitung des Stoffs stets viel Spaß gemacht. Sehr dankbar bin ich für die klaren Schemen, die uns M. Martin zur Orientierung gegeben hat. Hat man einmal dieses Muster "in cognito", so spart man sich sehr viel Lernarbeit und kann flexibler auf Ausnahmen reagieren.

3. Geschichte

Am interessantesten fand ich die Geschichtseinheiten. Sehr wirkungsvoll war die "Kognitive Landkarte der Geschichte", an Hand derer wir uns stets an den Epochen orientieren konnten, ohne uns in Details zu verlieren. Äußerst konstruktiv verliefen die Gruppenarbeiten. Jeweils nach etwa 10minütiger Einarbeitungszeit zu einem Spezialthema einer Epoche wurden die Ergebnisse teils an Hand von Folien, teil mit Hilfe von Tafelanschriften zusammengefasst. Durch diese persönliche Zensur unwichtiger Details wurde maximales Lernen garantiert. Langweilig wurde es nie. Schließlich haben Rollenspiele, besonders solche mit M. Martin als Hauptdarsteller, die Atmosphäre aufgelockert.

4. Literatur

Obwohl Literatur zu den Bereichen gehört, die mich am wenigsten interessieren, habe ich immerhin mehr mitbekommen als in den Schuljahren zuvor in Deutsch. Ich denke, dass eben weil man sich auf die wesentlichen Sachen beschränkt und versucht, diese anschaulich darzustellen, am Ende mehr hängenbleibt als bei einer normalen Literaturbesprechung.

5. Rhetorik

V. a. die Tatsache, dass man keine Referate hält sondern nur Kurzpräsentationen, die spontan vorbereitet wurden, trägt dazu bei, wesentlich sicherer zu sprechen. Auf dieser Basis, d. h. nach rund einem Dutzend solcher "Statements", ist man auch in der Lage, vor einem größeren Publikum mit langer Vorbereitungszeit zu sprechen. Natürlich mache ich immer noch viele Fehler, doch denke ich, dass es pädagogisch wesentlich eleganter ist, Leuten das freie Sprechen vor einem Publikum beizubringen, wenn man man zunächst mit diesen unbewerteten Kurzpräsentationen anfängt anstatt wie sonst üblich gleich dicke Referate austeilt, die dann auch noch benotet werden. Und dieser Fehler passiert in der heutigen Zeit, wo doch alle so "gebildet" sind!

6. Didaktik

Vollkommen unbewusst haben wir die Lehrmethode von M. Martin verinnerlicht. Inzwischen haben wir das nötige Fingerspitzengefühl, um zu wissen, was den Zuhörer interessiert und was nicht. Des weiteren haben wir das richtige Gespür für kritische Situationen, z. B. wenn die Stimmung umzukippen droht. Praktische Anwendung findet dieses System bereits in Referaten in anderen Kursen. Als Beispiel kann die gelungene Präsentation von Markus Herrmannsdörfer und Bernd Pfaller in Geschichte dienen. Ich denke aber, dass jeder, wenn er einmal einer Gruppe von Leuten etwas lehren muss, nicht unbeholfen dasteht, sondern jederzeit auf die didaktischen Mittel von M. Martin zurückgreifen kann.

7. Schlüsselqualifikationen

Unter diesen Bereich fallen im weitesten Sinne auch Rhetorik und Didaktik. So geht es mir in diesem Punkt vielmehr um Umgangsformen und Teamwork. Besonders hier haben wir viel gelernt. Man soll, moderiert man den Unterricht, keine Scherze machen und nicht dauernd Grimassen schneiden, aber auch nicht gelangweilt und betrübt sein. Diese Stimmung überträgt sich nämlich direkt auf den Zuhörer. Des weiteren ist es inzwischen normal, einen Unterrichtsbeitrag mit "merci" oder "très bien" zu kommentieren (natürlich nicht, wenn er vollkommen daneben war).

Dadurch, dass wir sehr oft in Gruppen gearbeitet haben, fällt es uns nicht mehr schwer mit den Mitmenschen zu kooperieren. Man lernt Taktiken, andere für etwas zu begeistern, sie von einer Sache zu überzeugen und sie zur Mitarbeit anzuspornen. Das klingt sehr banal. Doch habe ich an Hand dessen die gesamte Didaktikkommission der KU Eichstätt von der Notwendigkeit einer Generalsanierung der Internetseiten überzeugt und konnte sie sogar soweit bringen, sich zusammenzuschließen und gemeinsam einen Etat aus allen Ressorts zusammenzustellen. Dieses Wissen hat sich also bereits im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt gemacht.

Zum Schluss ist es nicht die Zeit, groß zu schleimen und eine Lobeshymne auf unseren Französisch-Prof zu dichten. Dennoch wünsche ich mir, dass dass nächste Schuljahr mindestens genauso erfolgreich verlaufen wird und dass wir - die Schüler und der Lehrer - auf Grund unserer gemeinsamen Arbeit, nach dem Abi weiterhin Kontakt halten werden und vielleicht unsere Arbeit als Fortbildungsberater auch weiterhin fortsetzen könnten.


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