Reflexionen über meinen Unterricht in der 7.Klasse

Eintrag 7


Jean-Pol Martin
1.02.97

Gegenwärtig bin ich sehr zufrieden:


HOMEPAGE

Die von Manfred Lirsch gestaltete Homepage wird laufend verbessert und hat - wie ich meine - keine Entsprechung in der schulisch/wissenschaftlichen Landschaft. Wenn ich die Anzahl der Zugriffe betrachte (1500 monatlich), so scheint es, dass dies auch von den Benutzern so gesehen wird. Allerdings kommen die Zugriffe hauptsächlich aus dem universitären Bereich. Offensichtlich sind die an Schulen tätigen Kollegen technisch noch nicht so ausgestattet, dass sie bequem Zugang zur Homepage haben.
Ferner stelle ich fest, dass die User noch nicht die Möglichkeit der INTERAKTIVITÄT aufgreifen. Das bedeutet, dass sie kaum Kommentare zu den Texten (z.B. zu meinem Tagebuch) abgeben. Das liegt vielleicht daran, dass die Texte noch nicht lebensnah genug sind, dass man unbedingt spontan darauf reagieren möchte...
Da ich mein Tagebuch als interessante Innovation im Hinblick auf eine Kooperation zwischen Schule und Universität betrachte, werde ich versuchen, meine Alltagsbeschreibungen noch persönlicher zu gestalten. Vielleicht liefern die folgenden Zeilen mehr Anlass für den Leser, ein Feedback abzugeben.


DIE ARBEIT IN DER 7.KLASSE

Die Euphorie, die mich bereits vor längerer Zeit bei der Arbeit in meiner 7.Klasse ergriffen hat, dauert an. Da die Klasse und ihre Lebendigkeit mich sehr motivieren, wage ich relativ viel:

  • Wir singen immer wieder, auch ganz alberne Lieder. Allerdings ist es wichtig, den Schülern klar zu machen, dass die Lieder für kleine Kinder in Frankreich gedacht sind, und in der Klasse nur zum Zweck einer besseren Einprägung der Sprachstrukturen eingesetzt werden. Die Schüler dürfen auf keinen Fall den Eindruck gewinnen, dass ich sie altersmäßig unterschätze. Wenn der didaktische Zweck den Schülern einsichtig ist, lassen sie sich auch auf die albernsten Lieder ein (ich denke hier z.B. an: "Lundi matin, l'empereur, sa femme et le petit prince...)!
      
  • Nach einer Lektion, in der es um den Einkauf von Obst und Gemüse auf dem Markt geht, bat ich die Schüler, in Partnerarbeit kleine Rap-Texte zu verfassen und nach einer Einübung in kleinen Gruppen (mit entsprechender Gestik und Tanzeinlagen) im Plenum vorzuführen. Das Ganze (Texte-Schreiben, Üben und Vorführen) darf nicht länger als 30 Minuten beanspruchen. Diese kleine Einlage war sehr gelungen.
     
  • Da wir nun Erfahrungen mit Rap haben, kam mir gestern die Idee, dass Schüler die Konjugationen von unregelmäßigen Verben in der Form eines Raps mit der Klasse einüben könnten. Jedes Schülerteam bekam zwei Verben und sie überlegten sich, wie sie rapmäßig diese Verbkonjugationen vor der Klasse und unter Einbeziehung ihrer Mitschüler einüben konnten. Das, was herauskam, war äußerst lebendig und originell.
      
  • Wenn ich eine Schulaufgabe gehalten habe, ergreife ich nach der Rückgabe die Gelegenheit, um eine Art Unterrichtsbewertung von den Schülern vornehmen zu lassen. Ich lasse sie in Partnerarbeit drei Punkte überlegen, die sie besonders gut am Unterricht finden, und drei, die ihnen weniger gefallen. Sie sollen sich über eine Gewichtung der einzelnen Aspekte einigen.
    Dazu verfügen sie über 7 Minuten. Nach dieser Vorbereitung sollen sie nun im Plenum eine konsensuelle Reihung vornehmen, wobei ich das Klassenzimmer verlasse, damit sie wirklich frei reden können. Die Klassensprecher führen die Diskussion. Im Anschluß werde ich von den Schülern hereingebeten und sehe an der Tafel die Ergebnisse ihrer Beratung. Das Ganze darf nicht länger als 20 Minuten in Anspruch nehmen.
    Vorgestern habe ich die Schulaufgabe zurückgegeben und danach die Bewertung meines Unterrichts durchführen lassen.
    Es kamen folgende Ergebnisse heraus:
  • Gut:
    1. Abwechslungsreich.
    2. Jeder kommt dran
    3. Gute Stoffdurchnahme (d.h. richtige Geschwindigkeit)
    Weitere Punkte:
    - Ab und zu fun
    - Gruppenarbeit für kleine Vorführungen
    - Kein Ausfragen
    - Gute Noten
    - Gute Disziplin
    - Gute Ideen (LdL)

    Schlecht:
    1. Manchmal, wenn sie einen Schüler ohne Vorbereitung nach vorne schicken, weiss er nicht, was er machen soll (peinlich)
    2. Zu schwere Schulaufgaben
    3. Manchmal ungerechte Bestrafung


INTERNET UND UNTERRICHTSVORBEREITUNGEN

Seit einiger Zeit halte ich meine Didaktikveranstaltungen an der Uni in einem Zimmer, in dem ein Computer mit Internetanschluss steht. Auf diese Weise kann ich bei jeder Gelegenheit den Studenten zeigen, wie schnell man zu Informationen kommt.
Vorgestern wollte eine Studentin einen Unterrichtsversuch vorbereiten, den sie am kommenden Mittwoch in dem LK-13 Französisch halten muss.
Ich schlug vor, sie könne doch Comics behandeln und dachte hier an TARDI. Aber die Studentin kennt sich besser mit Astérix aus und wollte auf die Namen der Comicfiguren in Astérix eingehen.
Nachdem ich ihr einige Internet-Adressen gegeben hatte, surfte sie im Netz und hatte nach kürzester Zeit aus Amerika eine Liste mit den in Astérix-Comics verwendeten Namen und ihren französischen Bedeutungen (z.B. "Abraracourcix").
Bei der Behandlung von Chansons verhält es sich ähnlich: mit ein paar Klicks im Internet wird man über die neuesten Hits von MC Solaar oder Celine Dion informiert. Dazu reicht es, wenn man eine Suchmaschine (z.B. Yahoo) anwählt und den gesuchten Begriff eintippt.


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