Dieser Aufsatz erscheint in: Meissner, F.-J./Reinfried, M. (Hrsg.) (2000): Bausteine für einen neokommunikativen Französischunterricht. Lernerzentrierung, Ganzheitlichkeit, Handlungsorientierung, Interkulturalität, Mehrsprachigkeitsdidaktik. Akten der Sektion 13 auf dem ersten Frankoromanistentag in Mainz, 28.26.1998. Tübingen: G.Narr

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Jean-Pol Martin

Französischunterricht als Vorbereitung auf die Arbeitswelt

 

Vielfach wurde in jüngster Zeit Alarm geschlagen: das Fach Französisch verliere an relativem Gewicht innerhalb des gesamten Fremdsprachenunterrichts; dies liege an der Schwierigkeit der französischen Sprache, an der Überbetonung der Grammatikarbeit oder am konventionellen Lektürekanon. Vor diesem Hintergrund sei es "besonders wichtig, neue methodische Ansätze zu entwickeln, zu erforschen und zu ihrer praktischen Anwendbarkeit beizutragen."(Reinfried 2000: ). Nun scheint es, dass angesichts der in den letzten Jahren erfolgten Umwälzungen, insbesondere in der Arbeitswelt, eine radikale Neuorientierung für das Fach Französisch erforderlich ist. Es genügt nicht mehr, die Sprache und die Kultur zu vermitteln. Eine intensive Beschäftigung mit einem Fach lässt sich in den Augen der Lerner nur dann rechtfertigen, wenn über die fachspezifischen Qualifikationen hinaus Fähigkeiten erworben werden, die insgesamt für die Lebensbewältigung relevant sind. Es ist Zeit, die erheblichen Potentiale zu erkennen und auszuschöpfen, die gerade das Fach Französisch für eine solche Zielsetzung bereithält.

 

1. Flow-Erlebnisse und Kontrollkompetenz

Die 12.Shell Jugendstudie (Jugendwerk der deutschen Shell 1997) liefert ein aktuelles Bild der zentralen Interessen von Jugendlichen zwischen 15 und 24. Im Mittelpunkt stehen die Frage der beruflichen Perspektive und die Probleme der Arbeitswelt. Positiv hebt die Studie die große Bereitschaft der Jugendlichen hervor, sich in Organisationen zu engagieren, vorausgesetzt, dass sie ihre Fähigkeiten einbringen und sich aktiv an den Entscheidungen beteiligen können. Die Arbeit in den Organisationen muss "Spaß" machen und die Ziele müssen erreichbar sein.

Die Arbeit muss also Spaß machen. Aus der Emotionsforschung erfahren wir, dass eine besonders positive Gefühlsintensität dann aufkommt, wenn folgende Faktoren zusammentreffen (Bischoff 1998):

· Ein Problem wird gelöst, Anforderungen werden bewältigt, Schwierigkeiten überwunden;

· es bestehen klare Handlungsanforderungen und eindeutige Rückmeldungen über die Handlung;

· die Fähigkeiten und das persönliche Können werden ausgeschöpft;

· der Ausgang der Handlung ist offen und kann vom Ausübenden bestimmt werden;

· es besteht die Nähe zu kreativem Entdecken und Explorieren: etwas Neues wird entworfen oder entdeckt, ein unbekannter Ort oder Bereich wird erkundet;

· es wird über das Erreichte und Bekannte hinausgegangen, ein Gefühl der Selbstentgrenzung stellt sich ein;

· es besteht ein Gefühl der Kontrolle über die Handlung und die Umwelt.

 

Das unter diesen Bedingungen aufkommende Empfinden wird "als einheitliches Fließen beschrieben, ein Fließen von einem Augenblick zum anderen, wobei eine Verschmelzung von Handlung und Bewußtsein geschieht, ein völliges Aufgehen in der Aktivität bis zur Selbstvergessenheit, ohne aber die Kontrolle über die Aktivität zu verlieren."(Bischoff 1998). Man spricht dann von Flow-Effekt.

 

Flow-Effekt, Kontrolle und exploratives Verhalten

Ausschlaggebend für das Entstehen des Flow-Effekts ist, dass der Handelnde die Kontrolle nicht verliert und die Situation "im Griff" behält. In der Tat bestätigt die Kognitionspsychologie, dass die Kontrolle eine zentrale Dimension im Erleben des Menschen darstellt. Nach Dörner et al. (1983: 433) "...erzeugt Kontrollverlust Emotionen wie Angst, Schreck oder Furcht. Wiedergewinn der Kontrolle erzeugt Emotionen wie Stolz, Triumph, Freude." Flow-Erlebnisse entstehen dann, wenn komplexe, riskante Situationen gemeistert werden, beispielsweise beim Segeln, beim Skifahren oder beim Halten eines Vortrages vor größerem Publikum. Natürlich erleben vor allem Menschen Flow, die sich oft in schwierige Situationen begeben und ein exploratives Verhalten zeigen. So ergibt sich eine dynamische Kette, die nach folgender Logik verläuft (Dörner et al. 1983: 435ff.): explorative Menschen begeben sich in Bereiche, mit denen sie nicht vertraut sind, und versuchen, sich in diesen Feldern problemlösend zu behaupten. Jede auf diese Weise gewonnene Erfahrung wird zu einem abstrakten, kognitiven Schema verarbeitet. Je mehr Erfahrungen, desto mehr Schemata, desto breiter die kognitive Landkarte. Eine breite kognitive Landkarte sichert Kontrolle über mehr Bereiche, sie ermöglicht eine schnellere Verarbeitung neuer Eindrücke und schützt vor emotionalen Einbrüchen. Mit der erweiterten Kontrollkompetenz wächst das Selbstbewusstsein und die Bereitschaft, neue, unbekannte Felder zu betreten, also sich erneut explorativ zu verhalten. Was den einzelnen dazu bewegt, sich immer wieder in die Unbestimmtheit und Komplexität zu wagen, also sich explorativ zu verhalten, ist die Suche nach Flow-Erlebnissen. Ein Weg, Schüler für den Unterricht zu motivieren, besteht darin, Flow-Erlebnisse zu vermitteln.

 

2. LdL als didaktisches Substrat

"Bevor eine flow-erzeugende Aktivität Spaß macht, verlangt sie eine anfängliche Investition an Aufmerksamkeit. Um Freude an komplexen Tätigkeiten zu haben, bedarf es einer solchen ‘Aktivierungsenergie’. Ist man zu müde oder ängstlich oder fehlt uns die Disziplin zur Überwindung des anfänglichen Widerstands, wird man sich mit einer Beschäftigung begnügen müssen, der - obgleich sie weniger Freude macht - leichter nachzukommen ist". (Csikszentmihalyi 1999: 91). Woher kommt diese Aktivierungsenergie im Unterricht? Erfahrungsgemäß entstehen dann Flow-Erlebnisse beim einzelnen in der Gruppe, wenn er das Wort ergreift und wenn das Publikum seine Ausführungen aufmerksam verfolgt. Je anspruchsvoller und ausführlicher der eigene Beitrag, je interessierter die Aufnahme durch die Zuhörer, desto intensiver das Flow-Erlebnis. Der Wunsch, in der Gruppe das Wort zu ergreifen, entsteht in der Regel dann, wenn man die Gewissheit besitzt, dass man über neue, für die Gruppe besonders interessante Informationen verfügt. Dieses Phänomen macht sich die Methode "Lernen durch Lehren" (LdL) zunutze. Bekanntlich übernehmen bei LdL die Schüler einen Großteil der Lehrfunktionen und müssen u.a. den neuen Stoff selbst einführen. Indem die Schüler die Aufgabe bekommen, den neuen Lernstoff arbeitsteilig vorzubereiten und vorzustellen, verfügen stets einige Schüler über Informationen, die für alle andere von Bedeutung sind und neugierig erwartet werden. So ist die Situation gegeben, in der Schüler den Drang verspüren, das Wort zu ergreifen, was wiederum Voraussetzung für das Erleben von Flow ist. Über den Ausgangsimpuls hinaus liefert LdL alle weiteren Bedingungen, die für das Auftreten von Flow-Effekten ausschlaggebend sind: Bei LdL muss jeder Schüler Schwierigkeiten überwinden und hohe Anforderungen erfüllen. Der Ausgang seiner Anstrengungen ist offen, denn er weiss nicht, ob seine Präsentationsbemühungen wirklich zum Erfolg führen werden. Da die Präsentation eines neuen Stoffes für einen Schüler einen hohen Schwierigkeitsgrad aufweist, kann er seine Fähigkeiten ausschöpfen und vor dem Publikum ein Gefühl der Selbstentgrenzung erleben. Damit aber ein Flow-Erlebnis wirklich eintritt, muss der Schüler das Gefühl haben, dass er die schwierige Situation "im Griff" hat, also dass er Kontrolle ausübt. Das Gefühl der Kontrolle wiederum ist direkt abhängig von der Qualität der angewandten Präsentationstechniken und der vorgestellten Inhalte.

 

3. Die Inhalte

Das zu vermittelnde Wissen ist auf verschiedenen Ebenen angesiedelt. Es ist zum einen der in den Lehrmaterialien verdichtete Unterrichtsstoff, zum anderen das Metawissen, das im Rahmen von Selbstreflexionen aufgebaut wird und sich auf die Art der Interaktionen in der Klasse oder in den Kleingruppen bezieht. Die kognitive Kontrollierbarkeit des Stoffes hängt von seiner Strukturiertheit ab. Je strukturierter, desto kontrollierbarer. Im folgenden wird auf den Unterricht des Verfassers im Leistungskurs bezug genommen und aufgezeigt, mit welchen Inhalten Kontrollkompetenz aufgebaut werden kann. In der Oberstufe richten die Schüler als erstes ihren Blick auf die Abiturvorbereitung. Sie wünschen sich ein klares, systematisch vermitteltes Gerüst in der Grammatik, einen Überblick über den Wortschatz und Übung in der Anfertigung von Abituraufgaben. Diesem Wunsch kann dadurch entsprochen werden, dass jede Woche eine halbe Abituraufgabe zur häuslichen Bearbeitung aufgegeben wird und parallel dazu die Wortschatzsammlung "L’emploi des mots" (Lübke 1993) und die "Grammaire explicative" (Confais 1978) systematisch durchgearbeitet werden. Dazu eine Kollegiatin:

 

"Selon moi, en langue française, j’ai fait des progrès aussi bien en ce qui concerne la compréhension écrite que la compréhension orale. Je pense que mon expression écrite s’est améliorée à cause des ‘Abituraufgaben’ qu’on doit faire chaque week-end. Elles sont une base sûre et efficace pour la préparation au bac. C’est souvent beaucoup de travail, mais cela aide à donner de la sécurité, on sait ce qu’on doit accomplir au baccalauréat. Le vocabulaire qu’on apprend chaque semaine et aussi la grammaire sont des éléments stables."

 

Ferner wird auf der Oberstufe vielfach von Schülern beklagt, dass zu selten Überblicke über die Geschichte und die Geistesgeschichte geliefert werden, die es ermöglichen, Details einzuordnen und somit den Stoff "in den Griff" zu bekommen (vgl. Benz 1990). Im Unterricht des Verfassers steht ein solcher Überblick im Mittelpunkt aller inhaltlicher Aktivitäten (Martin 1994). Darüber urteilt eine Schülerin:

 

"Un autre aspect dont je veux parler est l’histoire, car on l’a traitée d’une façon très systématique du Moyen Age au 19e siècle , de sorte que je suis toujours en mesure de parler des ces différentes stations du passé, également par rapport aux personnages historiques, aux changements et aux intellectuels par exemple. C’est grâce à cette méthode (LdL) que j’ai développé un grand intérêt pour l’histoire, pour la littérature et pour la société."

Dabei entsteht Kontrollkompetenz nicht allein dadurch, dass Raster und Überblicke vermittelt werden, sondern dadurch, dass die unterschiedlichen Wissenselemente in Beziehung gesetzt werden, also vernetztes Wissen aufgebaut wird:

 

"Quel que soit le sujet dont nous parlons, nous cherchons des parallèles, des aspects communs ou contraires aux idées que nous avons déjà traitées, pour trouver une solution ou une conclusion adéquate. Alors on apprend qu’il y a toujours des rapports de cause à effet et des changements de paradigme qui sont la conséquence d’un autre effet ou d’une autre cause. Ayant compris cela, nous avons beaucoup moins de problèmes à comprendre l’histoire, l’évolution de la société ou la littérature. La compréhension de la littérature est de plus facilitée de la façon suivante: nous traitons une oeuvre pendant environ quatre heures et après cela nous avons fini. L’idée fondamentale est de ne pas parler de chaque procédé stylistique, mais de comprendre les idées principales et aussi de se souvenir de l’essentiel du texte pendant plus longtemps que les deux semaines qui suivent. Moi, je suis fascinée par cette méthode, parce que c’est vraiment comme cela qu’on peut parler du contenu d’un livre à un niveau plus élevé. Le savoir que nous obtenons avec ce survol de la littérature et de l’histoire des idées n’est pas du tout détaillé, mais on a une vue d’ensemble qui facilite la compréhension des relations entre les événements. Et c’est ce qui est important pour pouvoir construire une ‘carte cognitive’ dans sa tête".

 

Über das deklarative Kulturwissen hinaus ist es für die Kontrollkompetenz günstig, wenn den Schülern psychologische und soziologische Grundeinsichten vermittelt werden (vgl. Martin 1994). Aus der Erkenntnis, dass der Mensch sich im Spannungsfeld von antinomischen Bedürfnissen bewegt, zeigt beispielsweise ein Schüler Verständnis dafür, dass seine Mitschüler sich sowohl individuell betätigen wollen, als auch bestrebt sind, Gemeinsames zu unternehmen:

 

"En général, en ce qui concerne la culture, j’ai trouvé les sujets souvent très intéressants comme par exemple la psychologie. Sur ces contenus j’ai beaucoup appris : le modèle anthropologique donne une autre vision du monde. Il aide à comprendre les gens dans le présent et aussi dans le passé. Certaines comportements peuvent être expliqués et alors on sait comment il faut se conduire dans des situation compliquées. A mon avis, le voyage à Paris était souvent très individualiste. Mais on a eu la possibilité de voir les conséquences des antinomies : à la fin du voyage tout le monde a voulu faire une activité ensemble."

Alle Schüleräußerungen thematisieren direkt oder indirekt den Kontrollaspekt. Sie bestätigen also, dass das anvisierte Ziel, die Kontrollkompetenz der Schüler im Inhaltsbereich aufzubauen, erreicht wurde. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur inhaltlichen Kontrollkompetenz besteht darin, dass nicht nur ein klar gegliederter Stoff zum Aufarbeiten vorgelegt wird, sondern dass der Lerner ihn selbst aufgreift und nach eigenem Prinzip weiterstrukturiert, damit er ihn optimal seinen Mitschülern präsentieren kann. Bei LdL sichert sich also der Schüler auf ganz individuelle Weise die Kontrolle über den Stoff. Weitere Wissensbausteine lassen sich auf der Metaebene sammeln, wenn über die Qualität der Interaktionen und über die Zusammenarbeit als Gruppe und als Team im Klassenzimmer reflektiert wird. Auf die Frage, welche Eigenschaften von einem guten Teampartner erwartet werden, liefert eine Schülerin folgende Antwort:

 

"D’abord je trouve important pour un travail efficace qu’on s’entende bien avec cette personne, ce qui ne veut pas dire qu’on doive l’aimer, mais il ne faut pas ressentir d’aversion contre elle, sinon cela nuit au climat de travail. Comme je suis fiable moi-même, j’exige aussi une grande fiabilité et en outre de la créativité pour être en mesure de développer de nouvelles idées. A part cela mon partenaire doit avoir des connaissances dans les sujets traités et être prêt à écouter mes propositions. Si on travaille avec un partenaire, le produit du travail est le mérite de ces deux personnes et chacun doit en être conscient. En outre il est très important de toujours être prêt à soutenir l’autre s’il a des difficultés et s’il est peut-être le plus faible."

 

In bezug auf den behandelten Stoff kann eine Unterscheidung getroffen werden zwischen dem Wissen, das die gesamte Klasse aufnehmen muss (Grammatik, Wortschatz, Abiturtexte, Geschichte, Literatur und Landeskunde) und Elemente, die von Schülern individuell ausgesucht und vertieft werden (Hobbys, individuelle Projekte, Facharbeiten). Die Identifikation mit den Inhalten und folglich die Kontrollkompetenz ist im zweiten Fall höher als im ersten. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die hier beschriebene Produktorientierung die Lerneridentität festigt. Aus kognitionswissenschaftlicher Perspektive läßt sich Identität als "das Gesamt der geordneten, selbstbezogenen Kognitionen einer Person" definieren (Ziegler 1996: 264). Ziel des Unterrichts sollte sein, vorteilhafte fachspezifische und fachübergreifende selbstbezogene Kognitionen entstehen zu lassen. Es ist günstig für das Fach Französisch, wenn eine positive Identität sich auf "Produkte" stützt, die im Rahmen dieses Faches entstanden sind.

 

4. Schulklasse als Betrieb, Schüler als Berater

Auf die beschriebene Weise wird eine stoffbezogene Kontrollkompetenz aufgebaut, die die Schüler motiviert, ihr Wissen einem größeren Publikum vorzustellen. Dies geschieht im Rahmen von Vorträgen und Fortbildungsveranstaltungen. So entwickelt sich die Klasse zu einem Dienstleistungsbetrieb. Bei Fortbildungsveranstaltungen richtet sich das Interesse der Teilnehmer zum einen auf die im Unterricht angewandte Methode LdL, zum anderen auf die von den Schülern erarbeiteten "Produkte". Als wichtigste Auswirkung der Präsentationsaktivitäten nennen die Schüler die Festigung ihres Selbstbewusstseins:

 

"D’abord, je constate que j’ai augmenté ma confiance en moi et ma conscience de moi pendant cette époque et j’ai complètement perdu ma peur face aux exposés aussi dans les autres cours par exemple en allemand parce que dans notre cours de français il est habituel de parler devant un groupe."

 

"En outre je suis d’avis que ma confiance en moi a énormément augmenté. J’ai confiance en moi de nature, mais quand même, autrefois j’étais toujours un peu nerveuse quand je devais présenter un certain sujet devant la classe. Grâce aux présentations en français je n’ai plus de problèmes dans les autres matières comme la géographie ou l’histoire. je suis même capable de faire une présentation suivant la méthode LdL, ce qui impressionne beaucoup les autres professeurs. Et c’est la même chose avec les présentations en public."

 

"C’est l’activité dont je profite le plus, parce qu’avec cela je peux mobiliser mes capacités, je peux investir toute mon énergie, rechercher mes limites et augmenter ma confiance en moi.. (...) Deuxièmement, et c’est un effet beaucoup plus important, les compétences clés se développent. On se qualifie à communiquer d‘une façon libre et stable, avec des personnes, des auditoires inconnus. Moi, je suis capable après cette année de présenter moi-même quelques aspects de LdL devant un public. Et le travail en binôme et en groupe m’a préparée à ne pas avoir un mur, une frontière entre les auditeurs et moi, mais à parler et travailler avec eux et leurs idées. Pour les présentations il est aussi important qu’on ne perde pas la tête et le contrôle quand on a des difficultés à répondre aux questions par exemple."

 

Besonders förderlich für die Festigung der Identität und für die Verankerung des Fachs Französisch als positives Element des Selbst ist es, wenn die Schüler eigene Produkte wie beispielsweise ihre Facharbeiten vorstellen:

 

"En ce qui concerne mon mémoire, je suis très contente parce que j’ai aussi du contrôle sur ce certains sujets que je maîtrise et si je peux les présenter devant un public plus tard, mon identité se stabilisera sûrement de plus en plus. En outre, j’ai fait par exemple une interview et j’ai contacté des gens par quoi mon identité s’est aussi formée et fortifiée."

 

Im Sinne des Ansatzes "Schulklasse als Dienstleistungsbetrieb" werden die Schüler schließlich als didaktisch-methodische Berater eingesetzt. Sie werden von Lehrern gebeten, in ihrem Unterricht zu hospitieren und ihre Beobachtungen mitzuteilen, oder selbst Unterrichtsdemonstrationen durchzuführen. Eine vielversprechende Möglichkeit für Beratung durch Schüler eröffnet sich ferner durch die neuen Kommunikationsmittel (eMail): die Schüler können kontinuierlich Einfluss auf den Unterricht des eigenen Lehrers ausüben. So ließ ein Schüler, nachdem er dem Verfasser seine Unzufriedenheit mit dem Verlauf einiger Französischstunden per eMail mitgeteilt hatte, folgende Empfehlung ebenfalls per eMail zukommen (in den vorangehenden Stunden waren Abschnitte aus einem französischen Geschichtsbuch durch Kleingruppen vorgestellt worden):

 

Cher M. Martin,

Voilà mes réponses concernant ce qu'il faudrait faire d'après moi:

(...)

2. Dire aux élèves qui dirigent le cours de récapituler les choses de base, soit eux-mêmes, soit de le faire par une autre personne.

3. Approfondir les thèmes d’histoire, soit en posant des questions métaphysiques, soit en faisant des affiches. Le cas de cette semaine et de la semaine dernière était tel: On a raconté des choses qu'on savait déjà, parce que le temps de préparation pour les petits exposés était beaucoup trop court. Donc il n'est pas étonnant que les autres n’aient pas posé de questions après les exposés! Après les présentations vous avez cru que celles-ci avaient eu du succès et que tout le monde avait appris quelque chose. Mais non, c’était un leurre ("Trugschluss"). Pour demain, je suis très optimiste parce que Barbara sait très bien faire le cours. Peut-être que vous demandez aux autres ce qu'on pourrait faire. Mais je vous prie: ne mentionnez pas que tout cela était de moi.

Bonne soirée"

Durch die Strukturierung der Schulklasse als Betrieb werden nebenbei auch die Fähigkeiten vermittelt, die gegenwärtig in der Arbeitswelt gefordert und unter dem Begriff "Schlüsselqualifikationen" gehandelt werden, nämlich (vgl. Kinkel, 1997, 108ff):

· die Fähigkeit, in komplexen Zusammenhängen zu denken;

· die Teamfähigkeit und das Einfühlungsvermögen;

· die Kommunikationsfähigkeit: Präsentationstechniken, Moderationstechniken;

· das Selbstbewußtsein;

· die Durchsetzungskraft und die Fähigkeit, andere Menschen einzubinden und für gemeinsame Ziele zu begeistern.

 

5. Fazit

Gerade das Fach Französisch eignet sich besonders, um die hier beschriebenen Ziele zu erreichen. Als überschaubare, klare sprachliche, geschichtliche und geographische Entität weist Frankreich als "Lernstoff" genau die Merkmale auf, die für den Aufbau von Kontrollkompetenz von Vorteil sind. Auf der Sprachebene bietet die Grammatik eine Struktur, die bei entsprechendem Lerneinsatz zu beherrschen ist. Dies gilt ebenfalls für die Landeskunde, die Geistesgeschichte und die Literatur, sofern ein dezidiertes Bekenntnis zur systematischen Behandlung dieser Gebiete abgegeben wird. Auch wenn sowohl in bezug auf die Bedeutung der Grammatik als auch in bezug auf die Behandlung der Literatur hier eine Position vertreten wird, die gegenläufig zum Mainstream in der Französischdidaktik steht: wenn es darum geht, den Schülern ein relevantes Wissen zu vermitteln, dann ist es sinnvoll, auf den tradierten Kanon der Franzosen selbst zurückzugreifen. Ein solider Überblick über die Epochen und eine Konzentration auf die literarischen Werke, die in Frankreich selbst als "incontournables" gelten liefern ein Strukturraster, das über die Schulzeit hinaus von hohem Bildungswert bleibt. Ansonsten gilt es, ausserhalb des Unterrichts frankreichbezogene Projekte zu gestalten, die zur Erstellung individueller Produkte führen. Diese Produkte können dann der interessierten Umwelt angeboten werden. Dies wäre ein Weg, das Fach Französisch in seiner Gesamtheit als positive Selbstkognition in der Identität der Schüler zu verankern. Wahrscheinlich gibt es wenig Disziplinen, die so geeignet sind wie das Fach Französisch mit seinen vielfältigen Handlungsfeldern, die Klasse als Betrieb zu strukturieren und in diesem Rahmen die langfristigen Entwicklungspotentiale der einzelnen Schüler zu erkennen und zu fördern. Welches Fach bietet auch soviele Möglichkeiten, den Schülern Flow-Erlebnisse zu verschaffen und den Aufbau der Kontrollkompetenz so nachhaltig zu fördern?

 

Literatur

Altrichter, Herbert./Posch, Peter (1990): Lehrer erforschen ihren Unterricht. Eine Einführung in die Methoden der Aktionsforschung. Bad Heilbrunn/Obb.: Julius Klinkhardt

Benz, Norbert (1990): Der Schüler als Leser im fremdsprachlichen Literaturunterricht. Tübingen:G.Narr

Bischoff, Claudia (1998): Motivation: Mythos - Märchen - Wirklichkeit. Mitarbeiter müssen motiviert werden - oder?, In: Zeitschrift Pflege Pädagogik, Ausgabe 1/1998

Confais, Jean-Paul (1978): Grammaire explicative. Schwerpunkte der französischen Grammatik für

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Csikszentmihalyi, Mihaly (1999): Lebe gut!: wie Sie das Beste aus Ihrem Leben machen. Aus dem Amerik. von Michael Benthack. Stuttgart: Klett-Cotta

Dörner, Dietrich, et al. (Hrsg.) (1983): Lohhausen. Vom Umgang mit Unbestimmtheit und Komplexität. Bern: Huber.

Jugendwerk der deutschen Shell (Hrsg.) (1997): Jugend ‘97: Zukunftsperspektiven, Gesellschaftliches Engagement, Politische Orientierungen. Opladen: Leske und Budrich.

Lahninger, Paul (1998): Leiten, präsentieren, moderieren. Arbeits- und Methodenbuch für Teamentwicklung und qualifizierte Aus- & Weiterbildung. Münster: Ökotopia-Verlag

Lübke, Diethard (1993): Emploi des mots. Lernwörterbuch in Sachgruppen. Neubearbeitung. Berlin: Cornelsen

Martin, Jean-Pol (1985): Zum Aufbau didaktischer Teilkompetenzen beim Schüler. Tübingen: G.Narr.

Martin, Jean-Pol (1994): Vorschlag eines anthropologisch begründeten Curriculums für den Fremdsprachenunterricht. Tübingen: G.Narr

Reinfried, Marcus (1999): "Handlungsorientierung, Lernerzentrierung, Ganzheitlichkeit: Neuere Tendenzen in der Französischmethodik." In: französisch heute 3/99, 328-345

Reinfried, Marcus (2000): "Neokommunikativer Fremdsprachenunterricht: ein neues methodisches Paradigma?", In:

Wendt, Michael (1996): Konstruktivistische Fremdsprachendidaktik. Lerner und handlungsorientierter

Fremdsprachenunterricht aus neuer Sicht. Tübingen: G.Narr.

Wolff, Dieter (1994). Der Konstruktivismus: Ein neues Paradigma in der Fremdsprachendidaktik? Die Neueren Sprachen, 93, S. 407-429

Ziegler, Albert (1996): "Identität", In: Strube Gerhard et al. (Hrsg)(1996): Wörterbuch der Kognitionswissenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta, 264