Das LdL-Projekt
(Jean-Pol Martin, 20.09.1996)


Das am Anfang der achtziger Jahre begonnene LdL-Projekt entfaltet sich auf verschiedenen Ebenen: Die in der Praxis entstandene Innovation mußte wissenschaftlich aufgearbeitet werden. Das Ergebnis sollte Verbreitung finden. Diese Zielsetzungen führten zum Aufbau eines Kontaktnetzes, das nun selbst als Fortbildungs- und Unterrichtsforschungsstruktur zur Verfügung steht.

  

1. Die wissenschaftliche Ebene:

Um die Methode wissenschaftlich abzusichern, hat MARTIN in einem Zeitraum von 16 Jahren mehrere Langzeitstudien in den von ihm unterrichteten Klassen durchgeführt. Daraus sind zahlreiche Publikationen entstanden, insbesondere zwei Monographien (MARTIN 1985, 1994), mehrere Aufsätze (vor allem 1986, 1988, 1996) und eine Reihe von Filmen (FWU, 1983, 1984, 1987 a, 1987 b). MARTIN, der seine Arbeit in die Reihe der Aktionsforschung einordnet, legt gegenwärtig den Schwerpunkt seiner Aktivitäten auf die "Lehrerforschung". Dabei versucht MARTIN Bedingungen zu schaffen, unter denen Praktiker motiviert werden, ihren Unterricht auf dem Hintergrund von LdL-Techniken zu optimieren, und die Ergebnisse zu beschreiben. Die Erfahrungsberichte werden im Rahmen des Kontaktnetzes bekanntgemacht.

     

2. Die Verbreitungsebene

Als Wissenschaftler hatte MARTIN zunächst die Fremdsprachendidaktiker als Adressaten in den Blick. Da bald klar wurde, daß über den Weg von Aufsätzen und Publikationen die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler nicht ausreichend zu erreichen war, wählte MARTIN den längeren, aber praxisnäheren Weg, Lehrer im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen für die Methode zu interessieren. Da LdL eine konkrete Hilfe für den Unterrichts darstellt, konnte bald ein breiter Interessentenkreis gebildet werden. Es wurde ein Kontaktnetz aufgebaut, das den Gedankenaustausch über den Weg von Kontaktbriefen, die alle zwei Monate von Eichstätt aus versendet werden, in Gang halten. Das Kontaktnetz besteht seit Juni 1987 und erreicht ca. 500 Teilnehmer aus allen Schultypen und Fächerkombinationen. Motor der Bewegung ist außer MARTIN eine Gruppe von 25 besonders aktiven Teilnehmern, der sog. "Kerngruppe". Diese Kollegen organisieren Regional- und Bundestreffen, treten als Referenten auf Forbildungsveranstaltungen auf, verfassen wissenschaftliche Aufsätze und arbeiten als Autoren an der Erstellung von Lehrmaterialien.

      

3. Die Unterrichtsebene

Fokus all dieser Aktivitäten ist der Unterricht selbst. Alle Teilnehmer sind bestrebt, ihren Unterricht zu verbessern. Dabei stellt die Methode LdL einen Bezugspunkt dar, ohne daß diese Methode nun dogmatisch empfohlen wird. LdL stellt lediglich einen praktikablen Weg dar, um die aktuellen Forderungen der Didaktik (Handlungsorientierung, Schülerautonomie, Aufbau von Schlüsselqualifikationen) ohne völlige Umgestaltung des bestehenden Unterrichts einzulösen. Das Projekt lebt von dem Wunsch und der Bereitschaft immer wechselnder Teilnehmer, über Erfahrungen, die sie im Unterricht mit LdL oder LdL-ähnlichen Techniken (z.B. Freiarbeit, Freinettechniken, Projektunterricht, offener Unterricht, usw.) gemacht haben, zu berichten. Da keine Erwartungen von seiten MARTINs an die Teilnehmer des Kontaknetzes gestellt werden, ist die Bandbreite der an ihn geschickten Berichte sehr groß. Es geht von spontan auf einen Zettel mit Bleistift gekritzelten Gedanken bis zu 150 seitigen Referendararbeiten oder gar Doktorarbeiten. Prinzipiell leistet das Netz Hilfe für Kollegen, die sich neuen Methoden zuwenden ohne dramatische Veränderungen im Unterricht einleiten zu wollen. Zu allen Fächern bestehen Handlungsempfehlungen für den Einsatz von LdL oder LdL-ähnlichen Techniken, und es werden laufend neue Vorschläge entwickelt.

     

4. Das Projekt als neues Fortbildungsmodell

Das Kontaktnetz kann de facto als Fortbildungsstruktur betrachtet werden. Neu daran ist die Tatsache, daß die Fortbildung nicht punktuell erfolgt, sondern kontinuierlich und langfristig über die zweimonatigen Kontaktbriefe, über die Regionaltreffen und die Bundestreffen. Neu ist ferner, daß die Fortbildungen nicht von praxisfernen "Experten" durchgeführt werden, sondern von den Praktikern selbst unter dem Motto "Lehrer bilden Lehrer fort". Neu ist schließlich, daß die Kollegen durch das Kontaktnetz die Möglichkeit bekommen, selbst Fortbildungskompetenz zu entwickeln, indem sie sehr bald auf Veranstaltungen als Referenten auftreten können, um die LdL-Techniken anderen Kollegen vorzustellen.