Martin, J.-P. (1998): "Forschungshomepage - Homepageforschung", in: H.-E.Piepho/A.Kubanek-German (Hg.): "I beg to differ" - Beiträge zum sperrigen interkulturellen Nachdenken über eine Welt in Frieden, Festschrift für Hans Hunfeld. München: Judicium Verlag, S.205-213
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Forschungshomepage - Homepageforschung

Jean-Pol Martin

 

Das "LdL"-Kontaktnetz mit seinen etwa 500 Teilnehmern besteht seit nun zehn Jahren. Bisher verlief die Kommunikation in erster Linie zentralistisch über Eichstätt und zwar mit dem Medium des Papiers über die traditionelle Post. Alle zwei Monate wurden Kontaktbriefe von Eichstätt aus versandt, mit entsprechendem Aufwand. Durch die Entwicklung der elektronischen Medien entstehen nun völlig neue Möglichkeiten, die in dem folgenden Beitrag beschrieben werden.

 

1. Ausgangspunkt: das "Lernen durch Lehren"-Kontaktnetz

Das "Lernen durch Lehren"-Kontaktnetz wurde 1987 zur Verbreitung der gleichnamigen Methode (kurz: "LdL") ins Leben gerufen(1) . Es erreicht gegenwärtig 500 Teilnehmer, die alle zwei Monate einen Kontaktbrief aus Eichstätt bekommen. Die Kontaktbriefe selbst enthalten im wesentlichen Erfahrungsberichte von Kollegen, wissenschaftliche Aufsätze, Auszüge aus Referendararbeiten und konkrete Tips für den Unterricht sowie Termine von Veranstaltungen, die von den Mitgliedern organisiert werden. Einmal im Jahr (in der Regel im Oktober) findet ein Bundestreffen statt mit ca. 200 Teilnehmern und im Frühjahr werden Regionaltreffen in einzelnen Bereichen der Bundesrepublik angeboten.

Nun lässt sich eine Gruppe von Menschen, die durch professionelles Interesse verbunden einen regen themabezogenen Austausch pflegen, metaphorisch mit einem Gehirn vergleichen. In seinem Werk über organisationales Lernen stellt H.-K.Wahren (1996, 183) fest: "Dass nicht nur Menschen sondern auch soziale Gemeinschaften und Organisationen über eine Erinnerungsvermögen verfügen und so etwas ähnliches wie ein ‚Gehirn‘ haben, dürfte zweifelsfrei feststehen. Aus einer systemtheoretischen Perspektive kann man noch weiter gehen und sagen: Organisationen haben nicht nur ein Gehirn, Organisationen sind Gehirne..."

Wenn Organisationen Gehirne sind, dann gilt es die Architektur des Gehirns genauer zu betrachten und zu überlegen, ob daraus Optimierungsmöglichkeiten für das Kontaktnetz "Lernen durch Lehren" abzuleiten wären. Ein wesentliches Moment der Gehirnarchitektur besteht in ihrer Aufgliederung in neuronalen Netzen. Neuronale Netze sind "Netze untereinander durch Synapsen verbundener Nervenzellen" (Palm, 427). Die Verbindung zwischen den Neuronen ist so gestaltet, dass Neuronen oder Neuronenkonstellationen mit einer Vielzahl von anderen Neuronen in Kontakt stehen. Dies sichert einen raschen und breiten, multipolaren Austausch von Informationen. Ferner sichert die Struktur der neuronalen Netze, dass "in den durch die Verbindung neuronaler Einheiten entstehenden Netzwerken allen Einheiten eine gleichberechtigte Rolle zugeschrieben wird. Die Verarbeitungskontrolle geht nicht von einer zentralen Steuereinheit aus, sondern ist dezentral auf alle an der Verarbeitung beteiligten Einheiten verteilt. Dadurch wird eine zeitlich parallele Verarbeitung der Information ermöglicht." (Strohner, 50).

Ein Vergleich zwischen der Funktionsweise des Gehirns und der LdL-Organisation zeigt Gemeinsamkeiten, beispielsweise die Offenheit des Informationsflusses: während im traditionellen wissenschaftlichen Betrieb der Wissenschaftler in der Regel neue Gedanken erst dann bekannt gibt, wenn er sie in einem Aufsatz verarbeitet hat, wird im LdL-Kontaktnetz exakt die entgegengesetzte Strategie verfolgt, denn Ideen werden sofort weitergegeben. Es wird für einen möglichst raschen Umsatz von Impulsen gesorgt, damit die Denkproduktion im Kontaktnetz beschleunigt und sowohl quantitativ als auch qualitativ erhöht wird. Jeder Teilnehmer, der einen Beitrag einreicht, kann damit rechnen, dass dieser spätestens nach zwei Monaten allen Teilnehmern des Kontaktnetzes vorliegt. Dennoch ist diese Zeitspanne im Vergleich zur Geschwindigkeit der Verarbeitung in neuronalen Netzen immer noch zu groß. Als weiteres Defizit der LdL-Kontaktstruktur gegenüber der Gehirnarchitektur ist der Umstand zu nennen, dass die Kommunikation zentralistisch über Eichstätt verläuft und eine direkte Kontaktaufnahmen zwischen den Teilnehmern umständlich bleibt. Daher ist eine multipolare und parallele Verarbeitung von Informationen, wie dies bei neuronalen Netzen der Fall ist, im LdL-Kontaktnetz kaum möglich.

 

2. Die LdL-Homepage

Die hohen Kosten des Projektes, die durch die zweimonatigen Verschickaktionen an 500 Teilnehmer und die Befriedigung der starken Nachfrage nach Materialien verursacht werden, stellen den Projektleiter vor erhebliche Probleme (2) . Deshalb wird die Einrichtung einer Homepage im Internet als langfristige Lösung zur Kostensenkung betrachtet. Die LdL-Homepage(3) zeigt folgende Oberfläche :

 

An dieser Stelle ist das Eröffnungsbild der LdL-Homepage einzufügen.
Aus Volumengründen erscheint es in diesem html-Dokument nicht.
Die Adresse der Eröffnungsseite: http://www.ldl.de

Abbildung 1: Die LdL-Homepage

Allein ein Blick auf die Eröffnungsseite macht Strukturen sichtbar, die bisher nur mühsam auf der Grundlage von Kontaktbriefen, Aufsätzen und sonstigen Informationen aus Eichstätt zu rekonstruieren waren. Hier kann unterschieden werden zwischen einem Inhaltsbereich (Überblick, Materialien, FAQ (4)), einem Interaktionsbereich (Kontaktnetz, Termine, Feedbacks) und einem Reflexionsbereich (Forschung, Tagebuch des Projektleiters). Im Inhaltsbereich werden die Kontaktbriefe, die Referendararbeiten und die wissenschaftlichen Schriften angeboten, die in den letzten zehn Jahren zur Methode LdL entstanden sind. Alle Materialien sind sofort aufrufbar, können also per Mausklick aus der LdL-Homepage in den Computer des Benutzers heruntergeladen werden. Auf der Ebene der Interaktion zeigt die Seite "Kontaktnetz" einen Überblick über die einzelnen Teilnehmergruppen, mit ihren jeweiligen Aufgaben und geographischen Verteilungen, sie informiert über Termine und bietet die Möglichkeit, per eMail Feedbacks abzugeben, Materialien zu bestellen, sich zu LdL-Veranstaltungen anzumelden oder andere Netzteilnehmer sofort zu kontaktieren. Greift man die Gehirnmetapher wieder auf, so ist das Netz mit seinen 500 Teilnehmern durch die Interaktionsebene der Homepage nun tatsächlich mit einem Makrohirn vergleichbar, bei dem jeder Teilnehmer als Neuron und jedes Teilnehmerteam als Neuronenknoten in unmittelbarer Verbindung mit den anderen steht.

 

An dieser Stelle ist das Kontaktnetzbild der LdL-Homepage einzufügen.
Aus Volumengründen erscheint es in diesem html-Dokument nicht.
Die Adresse der Kontaktnetzseite: http://www.ldl.de/netz/personen.htm

 

Abbildung 2: Das LdL-Kontaktnetz

 

Die Ebene der Reflexion bezieht sich auf alle Aktivitäten, die mit der Lehrerforschung zusammenhängen. Im Wesentlichen konzentriert es sich auf die Frage, wie mit Hilfe der Homepage methodische Innovationen entwickelt und verbreitet werden. Dies schließt sowohl Überlegungen über Unterricht ein als auch Überlegungen über die Organisation von Forschung innerhalb des Kontaktnetzes. Um diese Reflexionen transparent zu machen, hält der Projektleiter ein Tagebuch in der Homepage, in dem er sowohl über seinen Unterricht in einer 7.Klasse berichtet als auch seine Gedanken über die Organisation des Kontaktnetzes als Forschungsstruktur regelmäßig veröffentlicht.

Durch die Homepage hat sich die Aufgabe des Projektleiters erweitert, denn er entscheidet nun, welche Materialien auf welche Weise in der Homepage zugänglich gemacht werden. Mit Hilfe der Homepage kann die Kommunikation gesteuert werden, indem über systemische Konnexionen Kontakte zwischen Teilnehmern begünstigt oder verhindert, verlangsamt oder beschleunigt, ja sogar thematisch mitbestimmt werden können. Daher ist es im Sinne einer demokratischen Kontrolle durch die Mitglieder dringend geboten, Transparenz herzustellen; dies wird durch die Einrichtung des Tagebuches des Projektleiters in der Homepage begünstigt.

 

3. Die ersten Ergebnisse

Die LdL-Homepage besteht seit nun 8 Monaten und es können bereits erste Ergebnisse vorgestellt werden. Im März 1997 waren 3.324 Zugriffe auf die LdL-Homepage zu verzeichnen, davon die Hälfte aus dem universitären Bereich. Letzteres ist insofern bedeutsam, als lediglich 5 % der Teilnehmer am Kontaktnetz Angehörige einer Universität sind. Das bedeutet, dass über die Homepage ein sehr hoher Anteil an Interessenten gewonnen wurden, die an einer Hochschule tätig sind und bisher keinen Kontakt zur LdL-Organisation hatten.

 

3.1 Betrachtet man die statistische Auswertung, so stellt man mit insgesamt 68% Zugriffen (5) auf die Inhaltsseiten ein starkes Interesse an konkreten Informationen und Materialien fest. Durch die Homepage wird der beschwerliche Weg der Materialbeschaffung für den Benutzer spürbar erleichtert.

 

3.2 Auf der Ebene der Interaktion (Kontaktnetz, Termine, Feedbacks) ist ein Anteil von 19% zu verzeichnen. Gerade dieser Bereich soll durch die Einrichtung der Homepage besonders gefördert werden, denn: "Das Gehirn einer Organisation wird durch Kommunikation aktiviert: Im Akt der Kommunikation lesen Organisationen ein Wissen ein, überprüfen es, entwickeln neues Wissen und speichern es ab" (Wahren, 1996, 183). Im einzelnen sind folgende Ergebnisse zu registrieren:

  • Allein die Bekanntgabe von Veranstaltungen zu "Lernen durch Lehren" in der Homepage begünstigt ihre überregionale Wahrnehmung durch potentielle Teilnehmer (6) .
       
  • Die regelmäßigen Tagebucheinträge des Projektleiters in der Homepage über seine Arbeit in einer 7.Klasse regen Kollegen an, unmittelbarer als es bisher der Fall war Feedbacks abzugeben. Hier der Auszug aus der eMail eines Kollegen (Küfner, 1996): "Auch ich habe, wie Sie dieses Jahr eine siebte Anfängerklasse in Französisch(...) Natürlich praktiziere ich dort LdL und es ist wohl überflüssig, Ihnen von meiner täglichen Hochstimmung bezüglich des Lernerfolgs und des Lernklimas zu berichten (...)Allerdings muß ich in den Wein, den ich Ihnen gerade serviere, auch etwas Wasser gießen. In zwei parallelen zehnten Klassen (F) habe ich mit dem Versuch interaktiven Unterrichts mehr oder minder Schiffbruch erlitten und es nicht geschafft, die Schüler aus ihrer gewohnten, lethargischen Anonymität herauszuholen (...)." Dieser Brief wurde in die Feedback-Seite der Homepage eingegeben, was wiederum zu Teilnehmerreaktionen führte, usw. Als weiteres Beispiel für spontane Reaktionen auf Tagebucheinträge des Projektleiters ist die eMail des Vaters eines seiner Schüler (Thiermeyer, 1996): "Heute habe ich von meinem Sohn (...) erfahren, dass Sie ein Tagebuch über Ihren Französischunterricht führen, das im Internet abrufbar ist. Dabei habe ich mir auch Ihre Didaktischen Briefe I - III angesehen. (...) Ich bin zwar kein Pädagoge, finde es aber sehr toll, wie Sie in Ihren Tagebucheinträgen die Hintergründe Ihres Handelns sehr anschaulich erläutern. (...) PS: Ich warte schon gespannt auf Ihren nächsten Tagebucheintrag." Die eMail kam aus den USA, wo der Vater zu diesem Zeitpunkt beruflich unterwegs war. Nicht nur die Kollegen oder Eltern nützen die Möglichkeit, über die Homepage Feedbacks abzugeben, auch Schüler und Studenten äußern sich per eMail über den Unterricht des Projektleiters. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Homepage die Möglichkeit eröffnet, eine Verbesserung von didaktisch-pädagogischen und wissenschaftlichen Dienstleistungen dadurch zu erreichen, dass die Abnehmer (Schüler, Eltern, Studenten) Einblick in die Absichten der Anbieter (Lehrer, Forscher) gewinnen und Einfluss auf ihre Dienstleistungen üben können.
       
  • Schließlich wird eine starke Intensivierung der Interaktionen dadurch erreicht, dass Mitglieder des Kontaktnetzes LdL-bezogene Homepages an ihrer Schule einrichten. So Ursula Hertel-Schönberg an der Peter-Vischer-Schule in Nürnberg: sie macht Angaben zur ihrer Person, zu ihren LdL-Aktivitäten und liefert eine ganze Reihe von konkreten Handlungsanweisungen für den Unterricht. Als Beispiel sei hier aus ihrer Homepage eine Anleitung zur Arbeit mit Overhaedfolien herausgegriffen.

 


Aus Volumengründen wurden die Grafiken im folgenden html-Dokument nicht eingefügt. Die vollständige Seite kann unter http://www.kubiss.de/schulen/pvs/pvsnbg/pvs-c4-5.htm abgerufen werden.


 

Präsentationen mit Hilfe von Overheadprojektorfolien

 

Beide Beispiele der abgebildeten Schülerfolien beziehen sich auf das Lehrwerk Découvertes 1(Klett). Die Schüler/innen besuchen die fünfte Klasse und lernen Französisch erste Fremdsprache mit sechs Stunden (+ eine Förderstunde) pro Woche.

  

 

Die Präsentationen umfassen im Anfangsunterricht ca. drei Vokabeln, deren Präsentation zwei oder drei Schüler/innen gemeinsam vorbereiten. Dazu haben sie in der Regel nach der Einteilung durch den/die Leiterin der Stunde (Schüler/in) 10 Minuten Zeit zur Absprache. Danach erfahren sie von der Lehrkraft oder beraten mit ihr, an welchem Tag (Zeitraum: mindestens zwei Tage bis zu einer Woche nach der Einteilung) ihre Einführung als kleine Unterrichtseinheit stattfindet. In der Jahrgangsstufe fünf bringen Kinder je nach Bedarf dafür gerne Realien mit: z. B. echte Rollerblades, kleine Spielzeugmöbel, Puppenkleider, echte Früchte usw. Verben werden oft szenisch dargestellt.

 

  

Auch Grafiken (z. B. bei der Einführung der Wohnung/des Hauses) mit den entsprechenden Zimmern werden erstellt. Sie kommen dann als Lernplakat an die Pinnwand des Klassenzimmers zusammen mit den Grammatik-Lernplakaten. Einige lieben die Darstellung auf Folien. Dadurch habe ich auch die Möglichkeit, die Vokabelpräsentationen einem breiteren Publikum auf der Homepage vorzustellen.

 

 

.Découvertes 1, Leçon 3A:
La rue Daguerre (lignes 11/12)

Auf der Folie finden sich die drei einzuführenden Wörter. Der Aufwand erscheint für Erwachsene vielleicht erstaunlich. Den Kindern macht er nichts aus. Sie haben neben dem Lerneffekt auch einen ästhetischen Anreiz wegen der besondern Farbenvielfalt. Zur Einführung in diesem Lernstadium nach zwei Monaten erfolgt die Aufforderung Regardez: C’est une banane bis Ce sont des fruits. So wird zugleich der unbestimmte Artikel eingeführt.

Mit Hilfe der Fragen Qu’est-ce que c’est /C’est une banane/un jean? können die Wörter schon kontrolliert werden. Es handelt sich um erste Schritte zur Kommunikation. Die Lehrwerksfolien dienen dann zur reproduktiven Leistung und Vokabelwiederholung.

 

 

Découvertes 1, Leçon 4: Les Rigot, les Lacroix et les Bidules (lignes 14/15)

Mit Hilfe dieses selbst gefertigten Bildes führten die Schülerinnen folgende Vokabeln ein:
la forêt (der Wald), la promenade (der Spazierweg bzw. der Spaziergang), détester (verabscheuen, nicht mögen)
Zunächst gaben sie la forêt mündlich an, dann zeigten sie die Überschrift der Folie.

 

Die beiden anderen Wörter wurden nach ihrer Einführung (zeigen - vorsprechen - nachsprechen) an die Tafel geschrieben. Das Verb détester erklärten sie mimisch. Dazu kam der Transfer détester les maths, les interro (Mathematik, Schulaufgaben).Obwohl im Fall Mathematik dies nicht für alle zutrifft, verstanden die Mitschüler natürlich die Absicht und damit die Bedeutung des Wortes. Dabei ist es zu diesem Zeitpunkt der Lernphase nicht notwendig, dieses wörtlich zu übersetzen. Es ist ja der Bereich "etwas nicht mögen, nicht akzeptieren" deutlich geworden.

 

Der qualitative Unterschied, eine Worterklärung von Mitschülern zu erhalten, von ihnen nach der Einführung der drei Wörter zur Kontrolle befragt zu werden - anhand eines selbstgefertigten Materials - ist enorm im Vergleich zum lehrerzentrierten Frontalunterricht. Mit wachsender Sprachkompetenz (es werden pro Lektion nahezu alle Schüler aufgerufen) bringen die Erklärungen immer mehr, da sie motivieren und nie in Routine erstarren können. Denn nicht das Lehrwerk wird zur Präsentation benutzt, sondern selbst erstellte Bilder. Dazu ändert sich jeweils die Zusammensetzung der Kleingruppen. So können besonders Phantasiebegabte ihre Ideen immer wieder mit anderen mischen.

 

Das Ziel, sich mit Freude einer Arbeit zu widmen, sich in einer authentischen Situation in der Fremdsprache zu äußern, wird mit Lernen durch Lehren zum Unterrichtsprinzip.


Ursula Hertel-Schönberg

http://www.kubiss.de/schulen/pvs/pvsnbg/pvs-c4-5.htm


   

4. Perspektiven: das LdL-Kontaktnetz als lernende Organisation

Die Organisationswissenschaft zeigt die Perspektiven auf, die durch die Einrichtung der LdL-Homepage für das LdL-Kontaktnetz eröffnet werden:

"Wenn Organisationen Lernprozesse in Gang bringen oder sich zu einer lernenden Organisation entwickeln wollen, müssen sie Informationen dezentralisieren, Handlungen und Entscheidungsprozesse lose koppeln, es Mitarbeitern im Sinne eines Empowerment ermöglichen, eigenverantwortlich zu handeln, und Situationen schaffen, in denen Schemata und Deutungsmuster in Frage gestellt sowie reflexiv überprüft werden können. Vor allem aber müssen sie immer wieder kommunizieren; qua verbaler und visualisierter Kommunikation ds individuelle Wissen der Akteure in Lernprozessen einlesen, transparent machen, zu neuem, organisationalem Wissen bündeln und in kognitiven Bildern und Karten verankern." (Wahren, 235)

Immer mehr Menschen, seien es Kollegen, Studenten, Schüler oder Eltern werden am Projekt beteiligt. Die Erfahrungen all dieser Interessenten wird als Wissen eingebracht und dieses Wissen muss so geordnet werden, das es wiederum für viele verfügbar und nutzbar wird. Auf diese Weise wird die LdL-Homepage zu einem Expertensystem (7) .Hier wird die Kompetenz des Wissensingenieurs benötigt; ihm kommt die Aufgabe zu, die Homepagearchitektur permanent an die Bedürfnisse der Benutzer anzupassen. Diese Aufgabe ist so anspruchsvoll, dass sich eine "Homepageforschung", also eine Wissenschaft, die sich mit der Gestaltung von Homepages als Kommunikationssystem für forschende Organisationen befasst, als neuer Forschungsbereich zu entwickeln scheint (8) . Auch die in dem vorliegenden Beitrag skizzierte positive Entwicklung des Projektes "Lernen durch Lehren" konnte nur dadurch erreicht werden, dass der Projektleiter seit Jahren die äußerst kompetente und arbeitsintensive Unterstützung von Dipl.Ing.Manfred Lirsch als Systembetreuer und Wissensingenieur bekommt.

 

Bibliographie

Küfner, Werner (1997): No title. In: LdL-Kontaktbrief Nr. 70 (Januar 1997), Eichstätt

Martin,J.-P. (1996): "Das Projekt `Lernen durch Lehren´ - eine vorläufige Bilanz." In: Fremdsprachen Lernen und Lehren (FLUL). Henrici,Gert & Zöfgen, Ekkehard (Hrsg.): Band 25 (1996) Themenschwerpunkt: Innovativ-alternative Methoden, Tübingen: Gunter Narr, S.70-86

Palm, Günther (1996): Netze, neuronale (neural networks). In: Strube, G. (Hrsg.) 427)

Puppe, Frank (1996): Expertensystem. In: Strube, G. (Hrsg.) 169 - 180

Strohner, Hans (1995): Kognitive Systeme. Eine Einführung in die Kognitionswissenschaft.Opladen: Westdeutscher Verlag

Strube, Gerhard (Hrsg.)(1996): Wörterbuch der Kognitionswissenschaft. Stuttgart: Klett- Cotta

Thirmeyer, Theodor (1997): No title. In: LdL-Kontaktbrief Nr. 71 (März 1997), Eichstätt

Wahren, Heinz-Kurt (1996): Lernende Unternehmen. Theorie und Praxis des organisationalen Lernens. Berlin, New-York: de Gruyter

 


Fussnote:

(1) Vgl. Martin 1996            zurück

(2) Zwar werden Mitgliederbeiträge erhoben, diese decken aber nur einen Teil der Gesamtkosten ab.      zurück

(3) Adresse der LdL-Homepage: http://www.ldl.de      zurück

(4) FAQ = frequently asked question   zurück

(5) Im einzelnen sind es 31% für "Material", 13% für "LdL", 11% für "Briefe" 10% für "Übersicht", und 3% für "FAQ".    zurück

(6) Dazu ein Beispiel: durch eine Fernsehsendung auf "Lernen durch Lehren" aufmerksam gemacht, steuerte ein Verantwortlicher Entscheidungsträger im Saarland die LdL-Homepage an. Dort entdeckte er den Termin des bevorstehenden LdL-Regionaltreffens in Saarlouis, das er dann besuchte. Daraus wird ein Fortbildungsprogramm zu LdL im Schuljahr 1998 entstehen.       zurück

(7) "Expertensysteme sind Programme, mit denen das Spezialwissen und die Schlussfolgerungsfähigkeit qualifizierter Fachleute auf eng begrenzten Aufgabengebieten rekonstruiert werden soll." (Puppe, 169)       zurück

(8) Zu diesem auch für das LdL-Projekt sehr wichtigen Thema siehe Puppe 1997 (172f.): "Der derzeit dominierende Lösungsansatz besteht in der Erfindung eines neuen Berufsbildes, des vielseitigen Wissensingenieurs, der sich das Wissen durch Lesen von Fachbüchern, Fallstudien und vor allem durch die Kommunikation mit Fachexperten aneignet und dann für das Expertensystem formalisiert. (...)Am aussichtsreichsten erscheint eine Kombination aller Methoden, wobei der Wissensingenieur das Werkzeug auswählt, konfiguriert, aus Bausteinen zusammensetzt oder gänzlich neu programmiert und den Experten anleitet und unterstützt. Der Experte sollte sein Wissen mit Hilfe eines geeigneten Werkzeuges möglichst selbst formalisieren, wobei weder der Wissensingenieur, noch das Werkzeug Wissenstransformationen vornehme sollten, die der Experte nicht nachvollziehen kann, so dass der Experte sich als der eigentliche Autor des Expertensystems begreift und auch die Verantwortung für dessen Funktionieren übernimmt."       zurück